Bildungshaus

1. Grundlagen des „Bildungshaus für 3- bis 10-Jährige“

Die Tatsache, dass Kinder mit der Geburt beginnen zu lernen, ist eine der bedeutsamsten Erkenntnisse der Entwicklungsneurobiologie und -psychologie der letzten Jahrzehnte. Der Übergang zwischen reinem impliziten Lernen (Laufen, Sprechen, Kategorisieren, einfache Mathematik, Sozialverhalten, Musik etc.) und dem expliziten Lernen von Sachverhalten ist fließend und erfolgt nicht zu irgendeinem spezifizierbaren Zeitpunkt. Die Erkenntnisse zur kindlichen Hirnentwicklung unterstreichen, dass diese zwar bestimmten allgemeinen Abläufen folgt, dabei aber ganz stark von dem abhängt, was das Kind aus seiner Umwelt an Anregungen erfährt. Jede Entwicklung verläuft höchst individuell und jede Veränderung, die im Hirn stattfindet, ist abhängig davon, welche Eindrücke von außen gerade verarbeitet werden.
Deshalb setzt Baden-Württemberg auf die frühkindlichen Bildung. Die Stärkung von Bildung und Erziehung.  Die Zusammenarbeit von Eltern,  Kindergarten und Schulen ist deshalb notwendig und wichtig.

Die mit dem “Schulanfang auf neuen Wegen” begonnene Zusammenarbeit von Kindergarten und Grundschule” wird mit dem Orientierungsplan und dem ”Schulreifen Kind” konsequent fortgesetzt und soll nun in einem “Bildungshaus für Drei- bis Zehnjährige” in weitergehenden Erprobungen zu einer Verzahnung führen.

Ein solches Bildungshaus ist altersgemischt angelegt, orientiert sich an den Voraussetzungen, Potenzialen und Talenten und dem jeweils eigenen Tempo des einzelnen Kindes. Es bietet eine noch größere Chance der Zusammenarbeit zwischen Erzieherinnen und Lehrkräften, also zwischen Frühpädagogen und Grundschulpädagogen. Ziel des Projekts „Bildungshaus 3 – 10“ ist es, hier weitergehende neue Modelle zu finden und in der Praxis zu erproben.

Fachkräfte in Kindergärten und Lehrkräfte in Grundschulen, die sich gemeinsam mit Eltern und Trägern auf den Weg begeben, die je vor Ort sinnvolle Form eines „Bildungshauses 3 – 10“ zu entwickeln, brauchen Mut und Einfallsreichtum. Sie gehen zunächst von den Bestimmungen aus, die ihre Arbeit im Kindergartengesetz, dem Schulgesetz und weiteren Vorgaben regeln. Die Modellteams sind aufgefordert, darüber hinaus zu denken und sinnvolle Weiterentwicklungen zu erarbeiten, die sich aus den strukturellen Änderungen ergeben.

Im “Bildungshaus 3 – 10″ gestalten Kindergarten und Grundschule wesentliche Teile ihres Bildungsangebots institutionsübergreifend und gemeinschaftlich.
Kindergarten und Grundschule verzahnen Teile ihres Bildungsangebots. Diese Angebote werden dauerhaft und regelmäßig von Lehrkräften und Fachkräften beider Einrichtungen gemeinsam vorbereitet und durchgeführt, stehen den Kindern mindestens im letzten Kindergartenjahr und im ersten Schuljahr gemeinsam zur Verfügung, finden in den Räumen beider Einrichtungen statt und decken Bildungsziele von Orientierungsplan und Bildungsplan Grundschule ab. Die Einrichtungen bleiben in ihren Strukturen als Kindergarten bzw. Grundschule erhalten. Bei Bedarf regeln die Träger der Einrichtungen die Rahmenbedingungen in vertraglicher Form, die für eine Intensivierung des pädagogischen Verbunds Kindergarten und Grundschule förderlich und notwendig sind.

Die Basis für die Arbeit im Bildungshaus für Drei- bis Zehnjährige sind der Orientierungsplan und der Bildungsplan der Grundschule. Institutionen- und jahrgangsübergreifende Angebote decken Lern- und Bildungsziele sowohl des Orientierungsplans als auch des Bildungsplans für die Grundschule ab.

2. Das „Bildungshaus 3 – 10“ der Grundschule Gauangelloch und des Friedrich-Fröbel-Kindergartens
Im Dezember 2007 wurden die Grundschule Gauangelloch und der Friedrich-Fröbel-Kindergarten Gauangelloch als einer von 33 Modellstandorte für ein Bildungshaus ausgewählt.

a) Weiterführung des Projektes „Schulreifes Kind“
Die schulärztliche Untersuchung der Schulanfänger findet schon 18 Monate vor Schulbeginn statt. Kooperationserzieherin und –lehrerin testen außerdem die Vorschulkinder auf mögliche Lerndefizite und Entwicklungsstörungen. Danach findet ein „Runder Tisch“ mit Ärztin, Erzieherin, Lehrerin, Erziehungsberechtigten und evtl. Vertretern anderer Institutionen wie Sprachheilkindergarten, Jugendamt … statt. Dabei werden Fördermöglichkeiten besprochen.

Wenn die Förderung von uns vorgenommen werden kann, werden die Kinder allein oder in kleinen Gruppen nach individuellen Förderplänen unterrichtet. Die Lehrerin arbeitet zwei Wochenstunden im Kindergarten, zwei Förderstunden pro Woche werden von den Erzieherinnen übernommen.
Großer Wert wird auf eine kontinuierliche Elternarbeit und –beratung gelegt. Erzieherinnen und Lehrerinnen gestalten gemeinsam Elternabende.

b) Neugestaltung der Schuleingangsphase
Um den Übergang vom Kindergarten in die Grundschule fließend zu gestalten, dürfen die Schulanfänger in der Woche vor dem offiziellen Schulbeginn noch einmal in den Kindergarten. Dort werden sie von 9.00 – 12.00 Uhr täglich betreut.
In den ersten Schulwochen findet verkürzter Unterricht statt. Im Anschluss daran gehen die Kinder mit ihrer Lehrerin in den Kindergarten, wo sie bis zum laut Stundenplan offiziellen Unterrichtsschluss spielen dürfen. Dadurch lernen sie auch die Vorschulkinder näher kennen, mit denen sie in diesem Schuljahr zusammen lernen und spielen werden.

c) gemeinsames Lernen und Spielen in der altersgemischten Gruppe
Freitag ist Bildungshaustag.
Die Vorschulkinder sind an diesem Tage den ganzen Tag in der Schule. Im Bildungshauszimmer werden sie von ihren Erzieherinnen betreut. In der 5. und 6. Stunde beginnt das gemeinsame Arbeiten mit den Grundschülern.  Zu Beginn eines Schuljahres werden bis Weihnachten verschiedene Werkstätten für die Erstklasskinder und die Vorschulkinder angeboten. Nach Weihnachten gibt es dann verschiedene Workshops, an denen die gemischten Gruppen (Vorschulkinder und Schüler der Klassen 1-4) teilnehmen.

d) gemeinsame Nutzung von Räumen, Lernmitteln und Spielgeräten
Mittwochs turnen die Vorschulkinder in der Schulturnhalle. Das im Schulhaus neu eingerichtete Bildungshauszimmer mit seinen unterschiedlichen Lern- und Spielangeboten wird von verschiedenen Schüler-, aber auch Kindergartengruppen genutzt.
Die Erstklasskinder spielen im Kindergarten.
Erzieherinnen und Lehrerinnen nutzen zunehmend die Lehr- und Lernmittel der jeweils anderen Institution.